DIE ERINNERUNG


Dipl.-Ing. Helmut Kropp

 
 
 
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Denkzettel für einen gerichtlichen Sachverständigen

Dipl.-Ing. H. Kropp


Ablauf

Da war einmal ein SV, der erstattete für das AG in S. sein Gutachten, wie gewohnt, nach bestem Wissen und Gewissen.

Das Gutachten missfiel aber der Klägerin T., und so äußerte sie die "Besorgnis der Befangenheit". Diese Besorgnis teilte der Richter des AG aber nicht, er lehnte den Antrag ab.

Daraufhin ließ der Kläger den SV zur mündlichen Verhandlung laden. Das AG lud den SV, wie üblich, unter "Androhung eines Zwangsgeldes von DM 1000", falls er nicht erscheine.

Der SV fuhr zur mündlichen Verhandlung. Dort in S. erschienen, lehnte ihn die Klägerin erneut wegen "Besorgnis der Befangenheit" ab, der Richter aber wies auch diesen Antrag ab.

Daraufhin begann die mündliche Verhandlung. Die Klägerin fragte den SV viele, auch persönliche Fragen, u. a. auch, ob er ein Textsystem benütze. Die Beantwortung dieser Frage verbot der Richter dem SV.

Nach vier Wochen kam das Urteil, die Klägerin unterlag in allen Punkten, der Richter war dem Gutachten des SV gefolgt. Daraufhin ging die Klägerin in die nächste Instanz zum Landgericht in D.

Das Landgericht in D. war in einigen Punkten des Urteils aus S. anderer Meinung und die Klägerin "obsiegte" in der 2. Instanz.

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Die Rache

Mit diesem Urteil in der Hand meinte nun die Klägerin "Rache" üben zu können. Sie legte das Rechtsmittel "Erinnerung" gegen die Sachverständigen-Entschädigung für das Gutachten und das Erscheinen beim Termin (so an die DM 7000) am AG. in S. ein und beantragte, die Entschädigung zu Null festzusetzen, da das Gutachten ja "unbrauchbar" gewesen sei.

Beweis: das Urteil der 2. Instanz

Nun bekam es der Richter des AG in S. offenbar mit der Angst zu tun und, gehorsam der 2. Instanz (LG in D.) folgend, änderte er seine Meinung um 180 Grad und entschied, das Gutachten sei doch unbrauchbar und dem SV mit "Null Euro" zu entschädigen.

Wenn in dieser Situation ein SV "nichts tut", ist er seine "Entschädigung" los. Ob im Unrecht oder nicht, der SV muss sofort etwas dagegen tun, nämlich "Beschwerde" gegen diese Entscheidung des AG S. einlegen.

Der SV beriet sich also mit einem, auch in Rechtsfragen erfahrenen Kollegen und legte Beschwerde beim AG ein.

Der Richter am AG in S. war noch immer traumatisiert, er "half der Beschwerde nicht ab".

Die Entscheidung

Die Bezirksrevisorin des LG in D. jedoch stellte sich auf die Seite des SV. Dann geschah ein halbes Jahr lang nichts.

Auf eine höfliche Anfrage des Sachverständigen kam innerhalb von drei Wochen die Entscheidung des LG in D., den Beschluss des AG in S. aufzuheben, und: "Gegen diese Entscheidung wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen."

Weitere drei Monate später dann die Entscheidung des Amtsgerichtes in S., Text von der Entscheidung des Landgerichts in D. abgeschrieben.

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Zusammenfassung

Es ist zwar noch alles gut gegangen, aber...

Das Beispiel zeigt überdeutlich, dass es möglich ist, mit rein rechtlichen Verfahrensschritten einem Sachverständigen das Leben mit dem Gericht so schwer wie nur möglich zu machen und ihn vielleicht gar dazu zu bringen, für "Null Euro" für Gerichte (und im Zivilprozess damit auch für die Parteien) tätig zu werden.

Der Zweck dieser ZPO-Prozeduren war es in diesem Fall, den SV einzuschüchtern; vielleicht sollte er auch dazu veranlasst werden, in Zukunft "wohlwollender" für die Klägerin zu gutachten.

Es ist anderseits aber rechtlich durchaus möglich, zu beantragen, einen SV zum Gerichtstermin zu laden mit Androhung von Ordnungsgeld und dann ihn mit "Null Euro" Entschädigung (auch enthaltend die Fahrtkosten etc.) nach Hause zu schicken, wenn die nächste Instanz anders urteilt.

Ein Lichtblick in dieser Angelegenheit ist jedoch die ZSEG-Rechtssprechung, bestens dokumentiert in "Meyer-Höfer-Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen".

Aber: Dieses Werk gilt als nicht gerade sachverständigenfreundlich und wird daher bevorzugt von Kostenbeamten und Revisoren verwendet.

In der entscheidenden Frage, ob ein Urteil einer höheren Instanz sich auf die SV-Entschädigung für ein Gutachten der unteren Instanz auswirkt, ist die Rechtssprechung aber eindeutig: nämlich nicht.

Aber ein Richter ist ja unabhängig, er hat "nach billigem Ermessen" (Null Euro, billiger geht es nicht mehr) zu entscheiden....

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k / s
13.11.02

 
 
 
 
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