Bewertung von TK-Anlagen


Dipl.-Ing. Helmut Kropp

 
 
 
  Zurück zur Vorseite  
 
 
 


Bewertung von TK-Anlagen

Dipl.-Ing. H. Kropp


Anmerkung: TK-Anlage = Telekommunikations-Anlage, auch Telefonanlage, Nebenstellenanlage, PABX (Private Automatic Branch Exchange) oder PBX genannt.

Oft besteht die Aufgabe, den Wert einer TK-Anlage nach einem Schaden (Wasser, Brand, Staub etc.) zu ermitteln. Oder es muss z. B. der Wert bei Verkauf oder Betriebs�bergang bestimmt werden oder es wurde ein Mietvertrag aufgel�st und der "Schaden" des Vermieters (der ja ab Stichtag keine Mieten mehr bekommen soll) ist festzustellen.

TK-Anlagen haben gegen�ber anderen B�roeinrichtungen oder betrieblichen Maschinen einige Besonderheiten. Der Bewerter sollte diese und diverse Hintergrundinformationen kennen, um nicht zu falschen Schl�ssen zu gelangen.

1. Geschichte der TK-Anlagen

Die ersten TK-Anlagen kamen so etwa um 1900 auf den Markt, noch in handbedienter Technik, z. B. mit einem "St�pselschrank" (heute sagt man vornehm "patch panel" dazu): Jede Leitung, ob zur Nebenstelle oder zum Amt, hatte als "Termination" eine Buchse oder ein Kabel mit Stecker und es konnte somit jeder mit jedem durch Handbedienung des "Fr�ulein vom Amt" verbunden werden. Einen Vorteil hatten diese Anlagen gegen�ber heute verwendeten: Man konnte Verbindungen im Bedarfsfall trennen (einfach Stecker herausziehen), weshalb diese Art von Anlagen auch heute noch gelegentlich im milt�rischen Umfeld anzutreffen sind.

Sp�ter dann ersetzte man die Handvermittlung durch W�hler, sp�ter durch Koppelfelder (auch "Raumvielfache" genannt), die es gestatteten, dass jede Nebenstelle mit jeder Amtsleitung z. B. durch Tastendruck automatisch verbunden werden konnte.

Mit Aufkommen der Digitaltechnik wurden auch "Zeitvielfache" m�glich und wirtschaftlich (siehe ISDN) und als die Paketvermittlung reif war, konnten (mit entsprechender �bertragungsgeschwindigkeit) verst�ndliche Sprachverbindungen auch �ber digitale Pakete quasi "verbindungslos" hergestellt werden (siehe "Voice over Internet Protocol (VOIP)").

Zurück nach oben

2. Zweck und Anwendung von TK-Anlagen

Der Zweck der TK-Anlage ist eigentlich immer, eine begrenzte Zahl von Netzzug�ngen (externen Kan�len, Amtsleitungen) einer gr��eren Anzahl von (internen) Nutzern �ber "Nebenanschlussleitungen" zug�nglich zu machen. Au�erdem sollten die internen Nutzer (Nebenstellen) auch untereinander (kostenfrei) telefonieren k�nnen.

Ankommende Verbindungen werden entweder zur Nebenstelle direkt durchgew�hlt oder durch eine "Vermittlung" oder ein "Call Center" weiterverbunden.

Abgehende Verbindungen werden �ber einen freien externen Kanal hergestellt. Ein digitaler Basisanschluss hat z. B. 2 Kan�le, ein Prim�rmultiplexanschluss hat 30 Kan�le. Eine analoge Leitung hat nur einen Kanal.

Zur Unterst�tzung der internen und externen Kommunikation werden in der Systemsteuerung umfangreiche (heute rein) softwarebasierte Leistungsmerkmale bereitgehalten, wie z. B. Telefonbuch f�r die Nebenstellen, R�ckruf, Anrufumleitung, Anrufweiterleitung, Umlegen von Gespr�chen.

W�hrend fr�her diese Leistungsmerkmale (da sie mit Hardwareaufwand verbunden waren) noch extra berechnet wurden, sind sie bei heutigen TK-Anlagen in der Software und im Preis enthalten und m�ssen nicht extra kalkuliert werden.

TK-Anlagen lassen sich auch in das Netz des Netzbetreibers "integrieren". Dann f�hren nicht z. B. 10 "Amtsleitungen" in die TK-Anlage des Benutzers, sondern z. B. alle 100 Nebenanschlussleitungen f�hren ins Netz hinaus. Man sagt zu solch einem Gebilde dann "Centrex". Es kann aber auch beim Benutzer (in "customer premises") bereits ein Konzentrator stehen. Centrex-Anlagen sind erst in neuerer Zeit angeboten worden (z. B. von Arcor), in USA waren sie schon l�nger bekannt. Interngespr�che finden zwar jetzt �ber das "Amt" statt, was kostenm��ig aber im Zeitalter der Flatrates nicht ins Gewicht f�llt.

Zurück nach oben

3. Analyse der Konfiguration

Am Beginn der Bewertung einer bestehenden TK-Anlage muss eine Bestimmung der Konfiguration stehen. Das hei�t: Wie ist das externe und interne Netz gestaltet?

Beispiel einer mittleren TK-Anlage:

  1. Zentrale

    • 5 Basisanschl�sse (10 digitale B-Kan�le)
    • 35 analoge Nebenstellen (Schnittstellen a/b)
    • 15 digitale Nebenstellen, zweikanalig, firmenspezifische Schnittstelle (z. B. UN, Upo o. �.)
    • 2 Schnittstellen So f�r Endger�te
    • 1 PC f�r Gespr�chsdatenerfassung (der auch zur Konfiguration der TK-Anlage verwendet wird)
    • 1 Netzschnittstelle f�r IP

  2. Endger�te

    • 33 analoge Telefonapparate mit MFV Wahl
    • 2 Faxger�te
    • 15 digitale Komfort-Apparate,
    • 2 Telefone mit VOIP

Zur Ermittlung der Konfiguration kann man auf bestehende Kauf- oder Mietvertr�ge zur�ckgreifen, sofern sie aktuell sind. Meist wird aber eine TK-Anlage im Laufe der Zeit erweitert und die Vertr�ge werden erg�nzt. Es ist oft nicht leicht, alle Vergr��erungen und Verkleinerungen der Anlage festzustellen; im Bedarfsfall muss man dann schon den Anlagenschrank �ffnen bzw. den 19-Zoll-Rahmen ansehen und die Leiterplatten bestimmen bzw. z�hlen.

Keine TK-Anlage ist der anderen gleich, es sei denn, es handelt sich um eine z. B. kleine Anlage mit festem Ausbau. Dann kann man sich auf die Erfassung der Endger�te beschr�nken.

In neuerer Zeit begannen Firmen, neben der Hardware auch "Lizenzen" z. B. f�r jedes Endger�t oder f�r jeden Kanal zu verkaufen. Das tr�gt nat�rlich zur Verwirrung bei, erhebt sich doch die Frage, wie die an einen Kunden ausgereichten Lizenzen zu bewerten sind, wenn die TK-Anlage z. B. durch Hochwasser untergegangen ist.

Zurück nach oben

4. Preisbestimmung

Nach Ermittlung aller zur Bewertung anstehenden Items (Installationsmaterial bleibt au�en vor, es wird als Verbrauchsmaterial bewertet) geht es darum, die Preise der einzelnen Posten zu erfahren.

Bis etwa 1989 gab es noch die sogenannten "Postpreislisten", an die sich die am Markt herrschenden Firmen fast immer in etwa gehalten haben. Zuerst waren es nur 4 "Hoflieferanten" der Bundespost (Siemens, TN, SEL, DeTeWe), dann kamen Nixdorf, Ericsson, Mitel usw. dazu. Die Demontage der Postpreislisten besorgten die Newcomer, die, was zuvor einfach unm�glich war, satte Rabatte auf diese Listen gaben. Es begann mit 30% Rabatt, um es kurz zu machen, bei entsprechender Verhandlung waren schlie�lich 75% Rabatt drin, wenn es dem Anbieter darauf ankam.

Preislisten haben alle Anbieter auch heute noch, sie sind allerdings anders strukturiert als die seinerzeitigen Postpreislisten (siehe z. B. "Lizenzen") und es bedarf f�r einen Au�enstehenden schon einigen Studiums, um das Prinzip der firmenspezifischen Preisermittlung zu erkennen. Die oben ermittelten Komponenten der TK-Anlage werden dann in der Preisliste nachgesehen und alles zusammengerechnet.

TK-Fachleute sind sich einig, dass der Kunde heute durch eigene Verhandlung bis zu 50% Rabatt auf die "Listenpreise" erreichen kann. Wenn eine Ausschreibung mit mehreren Anbietern gemacht wird, sind dann schon die besagten 75% drin.

Es geht aber zuerst darum, Einblick in die Preislisten zu bekommen. Das ist nicht einfach, denn die Anbieter geben diese Listen i. A. in ihrer vollen Breite nicht heraus.

Ein Weg zu den "Listenpreisen" zu kommen ist eine schriftliche oder telefonische Anfrage nach den einzelnen Komponenten der Anlage. Hat der Hersteller einen Vertriebspartner, ist der vielleicht weniger zugekn�pft und gibt die einzelnen Preise heraus. Oder man hat vielleicht das Gl�ck, die Preislisten-CD zu ergattern. Die gilt dann aber meist nur f�r eine gewisse Zeit, dann werden die Preise ge�ndert oder die Anlage nicht mehr angeboten und man muss sich erneut auf die Suche machen.

Bekannt ist, dass in einer Notlage, wenn der Kunde unbedingt weiter telefonieren muss, meist eine Anlage zu Listenpreisen und nicht zu Marktpreisen geliefert wird. Die Alternative, zuerst ein Provisorium zu installieren und dann sich am Markt per Ausschreibung um eine neue Anlage auf letztem technischen Stand umzusehen, wird leider meist nicht praktiziert.

Zurück nach oben

5. Zeitwert

Ist nun der Preis des zu bewertenden Clusters so einigermassen ermittelt, erhebt sich die Frage: Wie sieht es mit dem Zeitwert aus?

5.1 Grenzwerte

Zwei Grenzwerte sind da von Bedeutung: einerseits der Neupreis laut Listenpreis (ggf. abz�glich Rabatt), anderseits der Restwert einer Anlage z. B. nach einem Schaden (Wasser, Staub, Brand, mechanische Zerst�rung, Blitzschlag, �berspannung etc.), wenn die TK-Anlage

  1. irreparabel besch�digt ist (z. B. verbrannt)
    z. B. Schrottwert abz�glich Entsorgungskosten

  2. besch�digt, aber wirtschaftlich reparabel ist oder

  3. einfach nur technologisch veraltet ist.

Der einfachste Fall ist da sicherlich c): alles funktioniert zwar noch, man kann damit telefonieren, aber die TK-Anlage ist technologisch veraltet, es gibt z. B. kein VOIP-Modul f�r sie und sie wird nicht mehr vom Service unterhalten, es gibt keine Software-Updates mehr. Hoffentlich ist dann noch die Speicherhaltung gesichert bzw. die letzten Benutzerdaten vorhanden.

Bei Maschinen hat da z. B. Dick, Bewertung von Maschinen, in diesem Fall einen Restwert von 10% des Neuwertes angenommen, bei TK-Anlagen heute ist das sicher zuviel, man wird da besser einen Wert zwischen 3% bis 5% annehmen.

Endger�te werden t�glich benutzt, Geh�use verschmutzen, Anschlussschn�re sehen schon nach kurzer Benutzung bereits unansehnlich aus.

Vermieter setzen daher schon nach einer einj�hrigen Benutzungsdauer bei Endger�ten den Restwert an; es wird empfohlen, bei der Bewertung der Endger�te �hnlich zu verfahren.

Zurück nach oben

5.2 Werteverlauf

Werte zwischen Neupreis und Restwert lassen sich nach den anerkannten Grunds�tzen der Werteermittlung bestimmen; der Verlauf kann z. B. linear, geometrisch degressiv oder arithmetisch degressiv sein (siehe IfS: Leits�tze f�r die Bewertung von Maschinen).

In der Praxis hat sich die geometrische degressive Abwertung bei TK-Anlagen bew�hrt, d. h. es erfolgt hier in den ersten Lebensjahren eine relative starke Wertminderung.

5.3 Nutzungsdauer

Die ehemals elektromechanischen TK-Anlagen mussten f�r den Gebrauch bei der Post mindestens 30 Jahre Lebensdauer erreichen.

Heute ist f�r rechnergesteuerte TK-Anlagen eine steuerliche Abschreibung innerhalb von 5 Jahren zul�ssig und aufgrund der raschen technologischen Veralterung wird empfohlen, diesen Zeitraum auch f�r die �bliche Nutzungsdauer anzusetzen.

Manche Mietvertr�ge werden zwar immer noch f�r eine zehnj�hrige Mindest-Mietdauer geschlossen, aber wer das tut, ist selber daran schuld. Aus so einem Vertrag kommt man �blicherweise nur nach Zahlung aller Restmieten wieder heraus.

Dass dabei die vorzeitig entrichteten Betr�ge entsprechend auf die Gesamtlaufzeit abgezinst werden m�ssen, ist inzwischen auch bei Gerichten bekannt.

Zurück nach oben

k / s
07.2009

 
 
 
 
  Startseite     Dienstleistungen     CV     Aktuelle Themen     Preise     Vertrag